Renée und Maurice Ziegler

PORTRAIT Galerie Ziegler, Zürich

Renée und Maurice Ziegler eröffnen ihre Galerie 1959 in Zürich und sind bis heute eine der ältesten Galerien für zeitgenössische Kunst in der Stadt. Ihre ersten Ausstellungen widmen sie Künstlern wie Henri Laurens, Fernand Léger, Pablo Picasso, André Masson, Meret Oppenheim und Alberto Giacometti, die sie in den 50er Jahren in Paris kennen gelernt haben. Renée Ziegler arbeitet dort in der Galerie Louise Leiris beim berühmten Daniel-Henry Kahnweiler. Ab 1961 erweitern die Galeristen ihr Programm mit Schweizer Künstlern ihrer Generation wie Bernhard Luginbühl, Jean Tinguely, Daniel Spoerri, Dieter Roth aber auch Richard Paul Lohse und Max Bill. Anlässlich ihrer ersten mehrwöchigen Reise nach New York 1963 lernen Zieglers u.a. junge, in Europa noch weitgehend unbekannten Künstler wie Al Held, Eva Hesse, Kenneth Noland oder Tony Smith kennen und präsentieren diese dann in ihrer Galerie in Zürich. Mit ihrem Hintergrund in der klassischen Moderne und ihrem Interesse an der eigenen Gegenwart zeigen Renée und Maurice Ziegler Kunst in Zürich, die hier sonst kaum zu sehen war.

Künstlerliste: Hans Arp, Ruedi Bechtler, Pol Bury, Gianfredo Camesi, Al Held, Nic Hess, Gotthard Graubner, Alfred Jensen, Fernand Léger, Richard Paul Lohse, Bernhard Luginbühl, Robert Müller, Meret Oppenheim, Kimber Smith, Pablo Picasso, Dieter Roth, Daniel Spoerri, Mathias Spescha, George Sugarman, Jean Tinguely, Minette Vàri, Shizuko Yoshikawa

Bernhard Luginbühl, Maurice Ziegler, Renée Ziegler, Werner Haftmann, 1970, Neue Nationalgalerie Berlin. Foto: Leonardo Bezzola, Bätterkinden

 

Gespräch am 22. März, 2018

Christina von Rotanhan mit Renée und Maurice Ziegler in Auszügen

 
Und es war ja eine Zeit, kurz nach dem Krieg, wo sich eigentlich alle Türen geöffnet haben. Und ich wollte unbedingt davon profitieren.
 
 
Daniel H. Kahnweiler. Foto: Unbekannt

Daniel H. Kahnweiler. Foto: Unbekannt

CvR: «Renée, du wolltest unbedingt nach Paris, auch gegen den Widerstand deiner Eltern, in den 50er Jahren, wie bist Du nach Paris gekommen?»

RZ: «Ja, mein Patenonkel Hermann Rupf, selbst ein grosser Sammler aus Bern und persönlicher Freund von Paul Klee, hat mir 1954 bei seinem Studienfreund Daniel-Henry Kahnweiler in der Louise Leiris Galerie ein dreimonatiges Praktikum verschafft. Da waren neben vielen anderen auch die Künstler Pablo Picasso, Henri Laurens, André Masson und ja, Fernand Léger. Er kam jeweils in die Galerie, um seine Lithografien zu signieren. Da stand ich daneben und musste die Blätter leicht anheben, damit er seine Unterschrift daruntersetzen konnte. Ich war einfach selig in dieser Umgebung und habe es wahnsinnig genossen. Und es war ja eine Zeit, kurz nach dem Krieg, wo sich eigentlich alle Türen geöffnet haben. Und ich wollte unbedingt davon profitieren.»

 
 

CvR: «Zurück in Zürich habt ihr 1959 eure erste Ausstellung gemacht…»

RZ: «Damals waren wir ja noch absolute Greenhörner. Wir konnten mit einigen Künstlern aus der Zeit in Paris und mit der Unterstützung von Kahnweiler in Zürich weiterarbeiten. Wir waren überzeugt, dass man in Zürich etwas machen müsse. Denn die Kunst, die wir liebten, wurde nicht gezeigt, französische Kunst war zwar geschätzt wurde aber wenig gezeigt und die amerikanische Kunst war noch nicht im Bewusstsein des Zürcher Publikums.»

MZ: Wir haben uns fast verpflichtet gefühlt, eine Galerie zu eröffnen, weil eben, die Sachen mussten gezeigt werden. Und es war auch ein Publikum da. Also eigentlich hatten wir gleich von Beginn an relativ viele Leute, die gekommen sind, weil es sehr wenig gab in Zürich. Also sehr wenig Kunst zu sehen.

Ausstellungsansicht, Fernand Léger, Galerie Ziegler, 1959. Foto: unbekannt

Ausstellungsansicht, Fernand Léger, Galerie Ziegler, 1959. Foto: unbekannt

 
 
Wir waren überzeugt, dass man in Zürich etwas machen müsse. Denn die Kunst, die wir liebten wurde nicht gezeigt.
 
 
Renee und Maurice Ziegler. Foto: unbekannt

Renee und Maurice Ziegler. Foto: unbekannt

CvR: 1963 seid ihr das erste Mal nach New York gefahren. Wie ist es dazu gekommen?

RZ: «Wir haben uns auf Anraten von Arnold Rüdlinger einer organisierten Reise vom Kunstverein Nordrhein-Westfalen angeschlossen an der auch Harald Szeemann teilnahm. Neben Galerien und dem Museum of Modern Art haben wir viele Künstlerateliers besucht.»

MZ: «Die Künstler waren darüber alle glücklich, weil in New York ist es niemandem eingefallen die Künstler in ihren Studios zu besuchen. Unser Besuch mit Rüdlinger, das haben uns dann später Künstler gesagt, war das erste Mal, dass jemand mit Museumshintergrund zu ihnen kam.»

 
 

CvR: «Schon bald, 1961, habt ihr Eure erste Ausstellung mit einem ganz jungen Schweizer Künstler gemacht: Bernhard Luginbühl.

MZ: «Also für diesen Anlass habe ich in unserem Archiv alles Material zu Luginbühl und unseren Ausstellungen mit ihm herausgesucht und habe gesehen, dass wir für Luginbühl eigentlich einen wahnsinnigen Aufwand betrieben haben, aber das war einfach alles normal, das hat sich so alles ergeben. Es war auch lustig und interessant und er hat sich ja auch immer beteiligt und hat alle Transporte selber gemacht. Er hatte auch ziemlich großen Erfolg, auch international. Wir haben mit ihm viele Grafiken herausgegeben, vielleicht haben wir etwa 40 Editionen über die Jahre gemacht haben. Und dann konnten wir eine Ausstellung organisieren, zuerst im Badischen Kunstverein Karlsruhe und dann im Stedelijk in Amsterdam. Aber grundsätzlich war es, wenn ich es von heute betrachte, damals sehr schwierig, mit Schweizer Künstlern im Ausland. Überhaupt waren alle Beziehungen zum Ausland irgendwie kompliziert, nicht so wie heute. Heute gibt es ja keine Grenzen mehr, aber damals war das alles schon sehr nationalistisch.»

Bernhard Luginbühl, Maurice Ziegler, Renée Ziegler, Werner Haftmann, 1970, Neue Nationalgalerie Berlin. Foto: Leonardo Bezzola, Bätterkinden

Bernhard Luginbühl, Maurice Ziegler, Renée Ziegler, Werner Haftmann, 1970, Neue Nationalgalerie Berlin. Foto: Leonardo Bezzola, Bätterkinden

 
 
Aber grundsätzlich war es, wenn ich es von heute betrachte, damals sehr schwierig, mit Schweizer Künstlern im Ausland.
 
 
Buchvernissage, Werkverzeichnis Meret Oppenheim, Galerie Ziegler 1982, Rolf Waeber, Meret Oppenheim. Foto: Verena Eggmann, Zürich.

Buchvernissage, Werkverzeichnis Meret Oppenheim, Galerie Ziegler 1982, Rolf Waeber, Meret Oppenheim. Foto: Verena Eggmann, Zürich

CvR: «Auch mit Künstlerinnen wie Meret Oppenheim habt ihr zusammengearbeitet.»

MZ: «Ja, wir haben 1974 die erste Ausstellung mit ihr gemacht. Sie war damals eng mit der Berner-Szene verbunden. Bern war ja in den 60er Jahren viel interessanter als Zürich. In Bern ist sehr viel passiert, mit Ausnahme vom Kunstmuseum Bern. Da waren Leute, wie Rolf Iseli, Bernhard Luginbühl, Franz Fedier, Franz Gertsch und viele mehr. Das hatte auch mit Arnold Rüdlinger (Direktor der Kunsthalle Bern 1946-1955) zu tun, den ich vorher erwähnt hatte, er hat in Bern ein fruchtbares Klima kreiert. Später war ja dann Harald Szeemann dort. Und da kam Markus Raetz dazu, Dieter Rot und eben Meret Oppenhein. Und wir kannten sie gut, haben aber erst relativ spät, eben 1974 eine Ausstellung mit ihr gemacht und dann kam sie und hat gesagt: Ja, erschreckt nicht, ich habe die Preise verdoppelt. Ich habe jetzt lange so kleine Preise verlangt und habe nichts verkauft, ich kann mir auch leisten, hohe Preise zu verlangen und nichts zu verkaufen.»

RZ: «Und die Galerie musste damit zurechtkommen. Aber sie hat Recht gehabt.»

RZ Renée Ziegler / MZ Maurice Ziegler / CvR Christina von Rotenhan